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Während des Investiturstreites wurde die abendländische Kirche von einer neuen Welle gesteigerten Glaubensdranges erfaßt. Der Adel und das mit ihm eng verbundene Mönchtum ersehnten mit tiefer Inbrunst eine grundlegende Reform der Kirche. Neue Orden entstanden, viele Klöster wurden von Adelsfamilien errichtet. Die neuen Gründungen sollten Pflegestätten strenger Askese und Gottergebenheit werden. Diese Art der Erneuerung der Benediktinerregel im Geiste strenger Zucht und ständiger Lobpreisung Gottes begann nun die Kirchen zu erfüllen. Die Reformklöster sollten auch nicht mehr der weltlichen Einflußnahme, sondern nur noch dem Papst unterstehen. Auch die Herren von Auhausen wollten sich bei ihrer Klostergründung den neuen Reformideen nicht entziehen.
Über die einzelnen Vorgängen der Entstehung des Klosters Auhausen schweigen die Quellen. Wir wissen nicht das Jahr der Entstehung. Die erste Urkunde aus dem Jahr 1136 ist ein Privileg des Papstes Innozenz II., formelhaft wie für viele Klöster dieser Art. Das Kloster wurde darin in den Schutz des Apostolischen Stuhles genommen, alle gegenwärtigen und zukünftigen Güter bestätigt und die freie Abtwahl zugesichert. Dieses Papstprivileg deutet also um 1136 schon einen ziemlich abgeschlossenen Zustand der Klostergründung an, der allerdings schon mehrere Jahre zuvor begonnen werden mußte. So läßt sich nur vermuten: das Kloster Auhausen wurde zu Beginn des 12. Jahrhunderts gegründet. In einem weiteren Privileg vom Jahre 1157 unter Papst Hadrian IV. (1154 - 1159) wurde der Rechtszustand der jungen Gründung Auhausen bestätigt, das Kloster wieder in den Schutz des Papstes gestellt und seine früheste Ausstattung, vorwiegend Nahbesitz in der Gegend südlich von Auhausen, aufgeführt. Uns muß heute die Frage bewegen: Wie kamen das Gedankengut der reformierten Klöster und die damit verbundenen Lebensformen der Mönche und die liturgischen Vorstellungen in das neugegründete Kloster Auhausen? Wer hat sie hier eingeführt? Das führende Reformkloster während des Investiturstreites in Süddeutschland war das Kloster Hirsau im nördlichen Schwarzwald gewesen, heute nur noch eine romantisch gelegene Klosterruine, gegen Ende des 11. Jahrhunderts jedoch eine führende geistige und geistliche Macht. Unter Abt Wilhelm von Hirsau, der aus dem Kloster St. Emmeram in Regensburg kam, wurden seine Klosterinsassen zu einem aktiven Mönchtum erzogen, so daß die Hirsauer Reformgruppe zu einer selbstbewußten Führungsmacht innerhalb der cluniazensischen Kirchenreform heranreifte. In der Kirchengeschichte spricht man deshalb von der Hirsauer Bewegung. Wilhelm wollte keine beschauliche Askese mehr im Kloster haben, keine sichere Versorgung für nachgeborene adelige Söhne, sondern strenge Selbstzucht, absoluten Gehorsam gegenüber dem Abt und aktiven Gottesdienst in der Klosterkirche. Das Lob Gottes sollte das Kernstück des Lebens der Hirsauer Mönche sein, die auch auf äußere Körperpflege großen Wert zu legen hatten. Diese Hirsauer Bewegung verbreitete sich dadurch, daß dort im Schwarzwald Mönche nach den strengen Gewohnheiten unter Abt Wilhelm ausgebildet wurden, die dann auf Wunsch adeliger Herren in ferne Gegenden auszogen, bisweilen sogar ihre Steinmetze mitbrachten, um die neuen Klosterkirchen nach den liturgisch notwendigen Formen der Hirsauer Bewegung zu erbauen. Solche hirsauisch geformte Klöster konnten wieder Mutterkloster für weitere Gründungen im Geiste Hirsaus werden. Daß Hirsauer Mönche nun aus dem berühmten Kloster im Schwarzwald unmittelbar nach Auhausen geschickt wurden, darüber gibt es keine Nachricht, aber die Edlen von Auhausen standen doch mit den Adelsfamilien im Ries, auf dem Härtsfeld und an der oberen Donau um Dillingen und Ulm in geistiger Verbindung, die ebenfalls in dieser Zeit Reformklöster nach dem Muster von Hirsau gründeten. So ist bekannt, daß um 1115 in Langenau von einer den Staufern nahestehenden Hochadelsfamilie begründete und bald nach Anhausen an der Brenz verlegte Kloster von dem aus Hirsau stammenden Abt Reginbald geleitet wurde. Das Mutterkloster von Auhausen ist bisher nicht genau bekannt geworden. Es könnte sein, daß die ersten Mönche auch aus verschiedenen Reformklöstern nach Auhausen kamen, etwa aus jenem Reformkreis, mit dessen Vorstehern der erste urkundlich erwähnte Abt Adelbert von Auhausen 1150 auf einem Gerichtstag des Bischofs Burchard von Eichstätt gegen den Grafen Rapoto von Abenberg beisammen war. Dort werden genannt: Abt Marquard von Fulda, Adam von Ebrach, Rabboto von Heilsbronn, Wignand von Theres (bei Haßfurt am Main), Adelbert von Auhausen, Ortlieb von Neresheim. Eine frühe Verbindung scheint zu dem nur 40 Kilometer entfernten Neresheim und nach Kloster Kastl in der Oberpfalz zu führen. In Neresheim wurde um 1095 von dem Grafen Hartmann von Dillingen ein reguliertes Chorherrnstift ins Leben gerufen. Zehn Jahre später weilte dort ein außergewöhnlicher Mann: Abt Theoderich (Dietrich) vom Kloster Petershausen bei Konstanz. Dieser war ein Sohn des Grafen Kuno von der Achalm bei Reutlingen. Der Vater liebte eine Magd namens Bertha, eine Unfreie aus der Herrschaft der Dillinger Grafen. Mit dieser Magd, neben der er keine andere Frau hatte, zeugte Kuno drei Söhne, darunter auch Dietrich. Die Familienehre des Grafen erlaubte keine kirchliche Eheschließung mit der Magd. Die Söhne folgten nach geltendem Recht der Standesklasse ihrer Mutter, sie wurden Leibeigene. Dietrich wurde freigelassen, sonst hätte er nach damaligen Recht in kein Benediktinerkloster eintreten dürfen. Dietrich wurde um 1070 in das führende Reformkloster Hirsau aufgenommen. Sein Vater Kuno verstand sich gut mit Abt Wilhelm von Hirsau. Beide zusammen gründeten 1089 das Kloster Zwiefalten. Dietrich brachte es zum Prior im Kloster Hirsau. Gebhard III., Bischof von Konstanz und ehemaliger Mönch in Kloster Hirsau, holte den Prior Dietrich als Abt in sein Kloster Petershausen. Dort entfaltete dieser eine eifrige Reformtätigkeit, sein Kloster entwickelte sich zu einem Vorbild der aktiven Frömmigkeit. Konstanz war das Zentrum der päpstlichen Machtgruppierung in Süddeutschland. Doch da geschah es, daß Kaiser Heinrich IV. (1056 - 1106) mit seinen Truppen nach Konstanz kam. Beide geistlichen Herren mußten eilend fliehen. Bischof Gebhard begab sich zu seiner Schwester Luitgardis, die mit dem Markgrafen Diepold vom Nordgau vermählt war. Auf Anregung des vertriebenen Bischofs Gebhard wurde die Burg Kastl in Zusammenwirken mit Graf Berengar von Sulzbach und Friedrich von Kastl - Habsberg in ein Reformkloster Hirsauer Prägung verwandelt. Abt Dietrich hatte sich zuvor im Kloster Wessobrunn aufgehalten und folgte seinem Bischof mit 12 Mönchen in die Oberpfalz und besiedelte mit ihnen das neue Reformkloster Kastl. Als Kaiser Heinrich gestorben war, kehrte er wieder nach Petershausen zurück. Auf dem Heimweg machte er für einige Zeit Station im Kloster Neresheim. Das dortige regulierte Chorherrnstift wurde nun von den Grafen von Dillingen in ein Benediktinerkloster Hirsauer Prägung verwandelt. Während dieser Zeit (um 1108) könnten auch die Herren von Auhausen von dort Anregungen und vielleicht auch Mönche für ihr geplantes Reformkloster erhalten haben. Sicherheit darüber besteht nicht, aber die Wege der Ausbreitung der Hirsauer Reform konnten nur durch persönliche Begegnungen begangen werden.
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