Januar 1970

Stattliche Gemeinde von der Klosterkirche überragt
In den ersten Jahrzehnten des 12. Jahrhunderts gebaut –
Für die Renovierung heuer hunderttausend DM

Auhausen - In der Artikelserie „Geldmittel für sechs Kirchen und ein Nördlinger Gerberhaus“ wurde in zwei vorausgegangenen Veröffentlichungen über die Renovierungsarbeiten am Daniel und am Gerberhaus Lippacher in Nördlingen, an der evangelischen Kirche Appetshofen, an St. Jakob Nördlingen, St. Moritz Wechingen und an der evangelischen Kirche in Lehmingen berichtet. Unser heutiger letzter Beitrag ist der ehemaligen Klosterkirche Auhausen gewidmet. Für die Renovierungsarbeiten an diesen historischen Gebäuden in der Stadt und im Landkreis Nördlingen wurden für das Jahr 1970 insgesamt 468 000 DM bereitgestellt. Von diesem Gesamtbetrag entfallen hunderttausend DM auf die Renovierung der ehemaligen Klosterkirche Auhausen.
Im Norden des Landkreises Nördlingen lehnt sich das Dorf Auhausen an einen sanft ansteigenden Hang. Es erstreckt sich gegen Norden und Süden hin bis in die breit auslaufenden Wörnitzniederungen. Seine heutige Ausdehnung erhielt es erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts, als der Ortskern um den großzügig angelegten Klosterbezirk wegen des wirtschaftlichen Aufschwunges jener Zeit nicht mehr ausreichte. Auf diese Weise entstand ein stattliches Haufendorf, das von der Klosterkirche mit ihren beiden Vierecktürmen überragt wird.

Nach Art der Romanik und Gotik
Die Kalktuffmauern dieses Gotteshauses sind von großer Mächtigkeit, nach Art der Romanik und Gotik im strengen Verband errichtet. Der Nordturm trägt eine sehr gute Ornamentierung, die einen Gegensatz zu den scharfkantigen Architekturteilen des Südturmes darstellt. Wie zwei Brüder reichen sie sich die Hand zu schicksalhafter Verbundenheit mit ihrem Haus, der Benediktinerabteikirche, seit der Gründung des Klosters durch die Herren von Auhausen, „derer von Lobdeburg“, wie sie sich später nach ihrem neuen Wohnsitz nannten.

Alle Stilarten sind vertreten
Der Bau fällt in die ersten Jahrzehnte des 12. Jahrhunderts. Nachfolgende Erweiterungen, vorwiegend an den Türmen sind deutlich erkennbar. 1519 folgte endlich der Chorbau im Osten, der, durch Aufbruch der romanischen mittleren Apsis einen Chorbogen bildend, mit dem Langhaus trotz der gegensätzlichen Stilepochen eine Einheit ergibt. Kurz nach der Aufhebung des Klosters und nach Übereignung der Kirche an die Evangelische Gemeinde Auhausen erfuhr die einstige Basilika im Jahre 1537 durch Einbau eines großen Lagerkastens im Dachraum einen fast unbegreiflichen Eingriff. Die Innenmauern wurden niedriger gemacht, die Wände der Seitenschiffe höher gezogen und das Dach einheitlich darüber gebaut. Damit erlosch das Licht der Obergadenfenster, der Raum wurde dumpf und düster. Und doch ist sogar nach dem Abbruch weiterer Klostergebäude die Kraft des erhabenen Bauwerks nicht zerstört. Was blieb, hat immer noch Gewicht. Unversehrt sind die Anlage der Turm- und Chortrakte sowie der Kern der romanischen Basilika. Welche hohen Kunstschätze birgt sie doch, wie viele Kenner und Liebhaber sind hier schon eingekehrt, um in den weiten Räumen die wertvolle Einrichtung und die Baukunst früherer Künstler und Architekten kennenzulernen! Fast alle Stilarten sind vertreten. Wir denken an die Bildwerke und das Sakramentshaus des Eichstätter Meisters Loy Hering, an das Stiftergrab, die Epitaphien, die spätgotischen Gestühlswangen, den berühmten Flügelaltar Hans Schäufelins, die wertvolle Orgel und an vieles andere mehr.
Ohne Zweifel, die am Äußeren begonnenen Instandsetzungsmaßnahmen mit der Bedachung durch gotische Ziegel und der Reparatur des Dachstuhls stellen einen ersten Bauabschnitt dar, der, von namhaften Fachleuten und Kunstsachverständigen beraten, schon jetzt der lobenswerte Auftakt zu einer Gesamtrenovierung sein kann. Im inneren steht man vor der Frage, den Getreidekasten mit der in das Langhaus abhängenden Decke auszubauen – Kunststück für das Zimmermannshandwerk. Die Beseitigung der den Raum störenden Westempore wird sich anschließen, wobei der Standort der Orgel weitere Schwierigkeiten bringen wird. Auch das Gestühl müßte neu geordnet werden. Die Fresken bedürfen einer sorgsamen Konservierung, die Behandlung der Wände verlangt gleichfalls sachkundige Hände. Der Fußboden des Chores ist durch Tieferlegen auf seine ursprüngliche Höhe zu bringen, wobei versucht werden sollte, das alte Pflaster wieder aufzudecken oder doch wenigstens seine Beschaffenheit zu erfahren. Was uns am meisten am Herzen liegen sollte, ist die räumliche Erschließung der alten romanischen Eingangshalle durch Öffnen des jetzt zugemauerten Westportals. Außer den statischen und architektonischen Problemen muß das diesem Eingang vorgelagerte Gehöft abgetragen werden. Endlich sei noch der Kunstgegenstände gedacht, deren stilgerechte Restaurierung ebenso erforderlich ist wie die Aufstellung des berühmten Mönchsgestühles im Chorraum unter Berücksichtigung des freigelegten Fußbodens.
Die Kosten dieses Gesamtprojekts sind noch nicht überschaubar. Man wird dazu erst das genaue Programm festlegen müssen, wofür noch manche Beratung erforderlich ist.

Bericht aus Rieser Nachrichten von 1970

Getreidekasten mit der in das Langhaus abhängenden Decke

Die wertvolle Orgel der ehemaligen Klosterkirche Auhausen auf der Empore über dem Haupt-Portal ist 1776 von Georg Martin Geßwyer aus Rothenburg erbaut worden

der berühmte Flügelaltar Hans Schäufelins

Die ehemalige Klosterkirche Auhausen; Ansicht von Südost