7./8. Juni 2008
„Ein Tag von großer Freude“
Auhausen (RK) – Mit einem außergewöhnlichen Konzert sowie einem festlichen Gottesdienst in der ehemaligen Klosterkirche konnte der Posaunenchor Auhausen am vergangenen Wochenende sein 60-jähriges Bestehen feiern. Dieses Jubel-Wochenende in der nordrieser Gemeinde Auhausen bildete einen weiteren „Meilenstein“ im Jubiläumsjahr, welches im vergangenen Monat mit einer ökumenischen Gedenkwoche begonnen hat und im Juni 2009 mit dem 1050-jährigen Jubiläum der ersten urkundlichen Erwähnung des Dorfes seinen Höhepunkt finden wird.
Pfarrer Wolfgang Layh konnte in der wiederum voll besetzten und geschichtsträchtigen Klosterkirche von Auhausen die Gäste aus nah und fern sowie den anwesenden Bezirksobmann der Donau-Rieser Posaunenchöre, Pfarrer i.R. Hans Keitel begrüßen.
Pfarrer Layh beglückwünschte insbesondere den Jubelchor für sein nunmehr 60 Jahre langes Wirken für die Kirchengemeinde Auhausen sowie die enorme ehrenamtliche Arbeit der zahlreichen Bläser der letzten sechs Jahrzehnte.
Pfarrer Keitel betonte in seinem Grußwort die „Besonderheit dieser Klosterkirche Auhausen“, die nicht zuletzt durch ihre bauliche Größe und faszinierende Akustik hervorsticht. Ebenso fasziniert zeigte er sich vom Jubelchor Auhausen, der unter der Leitung von Karl-Heinz Wiedenmann zu einer – für rieser Verhältnisse – erstaunlichen Größe von annähernd 40 aktiven Bläsern und einer bestechenden „Stimmgewalt“ herangewachsen ist.
Auch ging der Bezirksobmann auf die „interessante Entstehungsgeschichte“ des Posaunenchors Auhausen ein: Bereits im Jahr 1943 wurde die Gründung vom damaligen Ortspfarrer Max Karrer geplant, zumal im Dorf Instrumente von der bis Kriegsbeginn aktiven Feuerwehr-Blaskapelle vorhanden waren. Jedoch war das Umstimmen auf die Tonlage der Kirchenmusik sowie das Beschaffen weiterer Instrumente erst mit der Währungsreform 1948 zu realisieren.
Nach wechselvollen Jahrzehnten, die die musikalische Begleitung für alle Anlässe der Kirchengemeinde und regelmäßigen Auftritten in Krankenhäusern und Altenheimen beinhalteten, hat sich zwischenzeitlich ein überzeugender Stamm von Bläsern aller Altersgruppen gebildet.
Zwischenzeitlich gehören zu „der lebendig musizierenden Gruppe der Kirchengemeinde Auhausen“ auch noch die „Kleine Kantorei Auhausen“ der Kirchenchor sowie der „CT-Chor“.
„Wann immer ich den Auhauser Chor gehört und erlebt habe, … war ich immer positiv beeindruckt von der Qualität der gespielten Musik“ lobte Keitel die „große Mühe, den Fleiß und die Disziplin“ der Musikanten.
Das anschließende Konzert führte die begeisterten Zuhörer in eine musikalische Welt sowohl altre Stücke, als auch ganz moderner und anspruchsvoller Posaunenchor-Arrangements: Von „Prelude” von Marc-Antoine Charpentier und dem bekannten „Trumpet Tune” (Henry Purcell) bis hin zu Welterfolgsmelodien wie „Heal the World” (Michael Jackson) und „Yesterday” (Paul McCartney). Von „Amazing Grace” (James Carrell) und dem modernen „Präludium in C” von Raimund Schächer bis hin zur spritzigen „Pop-Serenade” (Michael Schütz) und dem aus dem Kinofilm Sister Act bekannten „I will follow him” konnte ein weiter Bogen über weitere bekannte moderne und geistliche Melodien gespannt werden.
Als „kleiner Höhepunkt“ des Abend kann wohl die Überraschung bezeichnet werden, als daß einige ehemalige Bläser des Posaunenchors einen „Gastauftritt“ hatten. Teilweise nicht mehr im Ort wohnende Ehemalige haben „als Dank an ihren ehemaligen Jugend-Ausbilder“ und jetzigen Chorleiter Karl-Heinz Wiedenmann bewiesen, das vor längerer Zeit Erlernte noch immer zu beherrschen.
Der überaus erfolgreiche Konzert-Abend ist immer wieder von begeistertem Applaus unterbrochen worden – und endete fast schon stürmisch mit stehendem Applaus.
Der Festsonntag ist mit einem feierlichen Gottesdienst von Pfarrer Wolfgang Layh eröffnet worden...
Noch während des Gottesdienstes sind vom „gemeindlichen Posaunen-Obmann“ Layh folgende Ehrungen für die langjährige aktive Mitarbeit im Posaunenchor Auhausen ausgesprochen worden:
Sonja Kolb, Andrea Betz, Patrick Hubel (alle 10 Jahre), Matthias Eisen (20 Jahre), Karl-Heinz Wiedenmann, Rudi Bederke (beide 30 Jahre), Helmut Schreitmüller (40 Jahre), Ewald Böller und Helmut Ballheimer (beide 45 Jahre) und Manfred Eisen (55 Jahre).
Im Anschluß an diesen feierlichen Gottesdienst ist die gesamte Bevölkerung zu einem Gemeindenachmittag mit Kindergartenfest eingeladen gewesen, welcher mit einem Standkonzert des Jubel-Chors im Klosterhof eröffnet worden ist.
Anläßlich des 60-jährigen Jubiläums konnte eine Festschrift aufgelegt werden, in der die Geschichte des Posaunenchors und ausführliche Informationen über (Blech-)Blasinstrumente, welche in der Bibel erwähnt werden, publiziert sind. Diese Festschrift ist erhältlich im Evang. - Luth. Pfarramt Auhausen bzw. unter info@kirche-auhausen.de.
Der Predigttext von Pfarrer Layh für diesen Festgottesdienst steht im 1. Brief des Petrus um 4. Kapitel in den Versen 10 und 11:
Liebe Festgemeinde!
Es gibt begnadete Musiker, die können mit ihrem Spiel ihre Zuhörer verzaubern. Für mich gehören da Musiker wie der jüdische Klarinettist Giora Feidman oder der sächsische Trompeter Thomas Güttler dazu. Bei solchen begnadeten Musikern ist sicher viel Übung mit dabei, aber mancher übt genausoviel und erreicht doch nicht diese Ausstrahlung. – „Der ist eben außerordentlich begabt!“, so sagt man dann. Begnadete Menschen – da gibt's Maler wie Vincent van Gogh, dessen Gemälde heute Millionensummen erzielen, wie das vor ein paar Jahren bei einem neu entdeckten Gemälde von Van Gogh der Fall war. Es gibt begnadete Sportler – Menschen, die aus ihrer außergewöhnlichen Begabung Außergewöhnliches machen – wir sehen das momentan bei so manchen Fußballern in der Schweiz und in Österreich.
Und nun sagt uns der Apostel Petrus in unserem Abschnitt aus seinem Brief: „Genauso ist es mit jedem Christenmenschen! Jeder Christ ein begnadeter Mensch, außergewöhnlich begabt."
Petrus redet von „Gaben", von „Charismen" - und das im Zusammenhang mit der „Gnade", der Gnade Gottes. Er redet also von „Gnadengaben", von Begnadung – so kann man das am besten übersetzen. Darum soll es in dieser Predigt gehen: Begnadet sein. Begnadet zu sein, heißt
1. reich beschenkt zu sein,
2. ungeheuer wertvoll zu sein,
3. entlastet zu sein,
4. benötigt zu sein.
[1] Zum ersten: Jeder von uns ist reich beschenkt.
Aus der Sicht des Apostels Petrus ist jeder Christ ein unendlich reich beschenkter Mensch. Angefangen damit, daß Gott uns seine Liebe schenkt, daß er Jesus auf diese Welt geschickt hat, um uns zu retten. Er schenkt uns die Vergebung, beglückt uns durch seine Nähe, redet zu uns, sorgt für uns. Und noch viel mehr! Wir können das mit dem einen Satz zusammenfassen: Gott ist uns gnädig! Und wer sich einmal ganz auf Gott eingelassen hat, der weiß, was das ist: Gnade! Unverdiente Liebe, wo Zorn zu erwarten war. Die Freundschaft Jesu, wo wir bisher im Widerspruch gegen seinen Willen gelebt hatten. Gnade – unbegreiflich, überschwenglich, ein wunderbares Geheimnis: „Amazing Grace"!
Aber damit ist die Gnade Gottes mit uns noch nicht am Ende! Nein, in jeden, dem Gott seine Gnade schenkt, in den legt er auch eine Gabe, eine Begabung hinein. Gott möchte ja, daß seine Gnade in uns ganz konkret wird.
Das ist unserem Auhausener Posaunenchor wohl ganz ähnlich: Wenn da einer dazukommt, dann freut sich erst einmal alles über den Nachwuchs, über die neuen „Jungbläser" (die durchaus auch schon etwas älter sein dürfen). Aber dann drückt man ihm ein Instrument in die Hand, damit er üben und mitspielen kann. Eine Gabe zum Einstieg!
Genauso drückt uns unser Gott mit seiner Gnade auch mindestens eine Gnadengabe in die Hand und in unser Leben, damit wir nun mitspielen können im Orchester der Gemeinde. Und es gibt keinen Menschen, der die Gnade Gottes erfahren hätte und ohne Charisma, ohne Begnadung geblieben wäre. Mancher hat sein Geschenk vielleicht nur noch nicht entdeckt!
Was sind denn das für Begabungen? Immer wieder wird ja in manchen kirchlichen Kreisen von einigen Charismen gesprochen, die besonders auffallen: Reden in anderen Sprachen, Heilungsgaben. Aber die spielen in der Bibel gar keine so große Rolle. Es gibt weit über 20 Gnadengaben, die in der Bibel erwähnt werden.
Da ist etwa das Gebet als Begnadung erwähnt. Natürlich betet jeder Christ auch ohne diese Gabe. Ohne Gebet Christ zu sein, das ist schwer vorstellbar. Aber manche Christen haben hier ein besonderes Charisma. Denen ist es die größte Freude, viel Zeit im Gespräch mit Gott zu verbringen. Denen vergeht dabei die Zeit wie im Fluge. Und das ist ungeheuer wertvoll, wenn es in einer Gemeinde Menschen mit dieser Gabe gibt! Vielleicht sind es gerade die, die viel von anderen wissen, bei denen die Informationen zusammenlaufen: Wenn die aus all den Nöten und Schwierigkeiten, die man so herumerzählt, Gebete machen würden!
Andere haben einen großen Bekanntenkreis. Und die nutzen das und reden von ihrem Glauben an Jesus, bringen andere mit in Gruppen und Kreise und zum Gottesdienst. Und die lassen sich ansprechen und einladen. Ob das nicht etwas mit der Gabe des Evangelisten zu tun hat? Bei den Evangelisten gibt es nicht nur die großen Redner, sondern gerade und vor allem auch die Evangelisten auf kleinerer Ebene, im privaten Bereich, an der Arbeitsstelle, im Bekanntenkreis.
Aber es gibt im Neuen Testament noch viel mehr Gaben: Da ist von Lehrern die Rede, die anderen Christen etwas klarlegen können. Da werden Leitungs- und Organisationsgaben erwähnt, da gibt es das Charisma des Dienens – wenn eine oder einer sieht, wo Not am Mann ist und ohne großes Aufsehen hinlangt und da ist.
Und solche vielerlei Gaben sind nicht nur innerhalb der großen Gemeinde wichtig, sondern auch innerhalb ihrer Kreise:
- Da braucht es, wie in der ganzen Gemeinde, auch im Posaunenchor Menschen, die die Gabe haben, gut zuhören zu können, konzentriert bei der Sache zu sein, die gut auf den anderen und sein Spielen hören, um sich selbst mit einzufügen und dann Stabilität und Geradlinigkeit in das Spielen aller hineinzubringen.
- Da braucht es gerade auch im Posaunenchor die Gabe des Lernens – gerade für Jungbläser jüngeren und schon etwas älteren Alters ist sie wichtig! Da braucht es die Gabe des Lernens und der Disziplin, die Disziplin, immer wieder und regelmäßig zu Üben und zu proben. Und da kann es vielleicht auch einmal ganz hilfreich sein, wenn der „Lehrer" die Disziplin auf die Probe stellt, indem er den Jungbläsern heimlich die Mundstücke ihrer Instrumente „klaut", um dann bei der Nachfrage, ob die „Bläserlehrlinge" treu und brav geübt haben, zu wissen, wie sehr wirklich geübt wurde und dann mit Schalk in den Augen zu sehen, daß diese Jungbläser erst jetzt beim Öffnen ihres Instrumentenkoffers merken, daß ihnen ein wichtiges Teil fehlt – und sie so ja gar nicht geübt haben können!
- Und im Posaunenchor sind auch Menschen wichtig, die die Gabe haben, andere begeistern und anlernen zu können; die – obwohl selbst noch gar nicht so alt – etwas Jüngere anleiten, ihnen mit Freude und Engagement das Blasen beibringen.
- Da braucht es auch im Posaunenchor Menschen, die die Gabe des Humors haben. Es braucht Menschen, die die Gabe haben, gerade auch in angespannten oder verkrampften Situationen die Stimmung zu lockern und wieder aufzuheitern; die z.B. mit Bestimmtheit, aber doch mit Schalk in den Augen rüberbringen, wer nach dem ersten Chorleiter und nach dem zweiten Chorleiter der dritte Chorleiter – genauer gesagt: die dritte Chorleiterin, ja vielleicht sogar die eigentliche Chorleiterin!? – ist.
- Da braucht es auch im Posaunenchor Menschen, die ihre besondere Gabe und Aufgabe haben, die mit ihrer Gabe und „Stimme" allein sind. Gerade solche Menschen braucht es, die die Gabe haben, den eigenen Weg konsequent zu gehen – ohne sich von den anderen Stimmen ablenken oder beirren zu lassen, um so durch ihr Spielen und ihren Beitrag dem Miteinander eine besondere Note und „Tiefe" – besser gesagt: Oberstimme – zu geben.
- Und natürlich braucht es gerade auch im Posaunenchor die Gabe der Leitung; die Gabe, die vielen Stimmen zu hören und sie zu einem harmonischen Klang aufeinander abzustimmen; die Gabe, die Stimmen und Charaktere auf das gemeinsame Ziel hin zu bündeln, zu einem harmonischen Miteinander zu bringen, und dazu gegebenenfalls einmal deutlich den Takt anzugeben – und vielleicht auch einmal den „Marsch zu blasen"!? Wie gut ist es, wenn die Leitung motiviert und anspornt, auch wenn die Luft ´raus ist. Wie schön ist es, wenn die Leitung zwar bestimmt und klar, aber doch auch mit Humor, mit Freundlichkeit, mit Lob und Anerkennung geschieht, wie ich es bei den Proben unseres Posaunenchors erleben durfte.
- Auch das ist ja eine wichtige Gnadengabe Gottes, daß man ehrlich und nicht aufgesetzt andere lobt und ihnen die rechte Anerkennung schenkt!
- Und eine wichtige Gabe Gottes – gerade auch im Posaunenchor! – ist es, daß man in rechter und freundlicher Weise Kritik am Leiter übt, wenn z.B. einmal die Aufteilung der Stimmen nicht ganz so klappt oder stimmt.
In jeder christlichen Gemeinschaft – im Großen und im Kleinen, in der gesamten Gemeinde, wie im „kleinen" Posaunenchor – leben wir davon, daß jeder seine von Gott geschenkten Gaben einbringt. Es würde sich lohnen, einmal die Gabenlisten im 1. Korintherbrief und im Römerbrief durchzuschauen! Wichtig aber ist eines: Gott hat keinen vergessen, der an ihn glaubt, jeder wurde beschenkt mit einer Sache, die er von sich aus nie fertigbringen würde. Die überreiche Gnade Gottes wird so in unserem Leben ganz konkret. Und das findet ich großartig.
[2] Begnadet zu sein, heißt aber zum zweiten auch: Ich bin ungeheuer wertvoll.
Das müssen wir uns erst einmal zu Bewußtsein kommen lassen, was das heißt: Ich bin ein Begnadeter! Ich stehe auf einer Stufe mit Giora Feidman, Thomas Güttler, Vincent van Gogh und Herbert von Karajan! Zwar nicht im gleichen Gebiet, aber doch mindestens ebenso begabt und genauso wertvoll wie die! Das ist ein ungeheurer Wert, den wir dadurch bekommen.
Und das darf auch unser Selbstwertgefühl prägen: Wir sind reich begabt! Wir können etwas, weil Gott das in uns hineingelegt hat! Wer seine Trompete oder was auch immer gut bläst, der darf das doch auch wissen: Ich bin wichtig für meinen Chor. Und wir Christen sollen das auch wissen: Ich bin wichtig für Gottes Reich! Ich habe eine Gabe, die wird gebraucht in der Gemeinde!
Wichtig ist, daß wir das für uns herausbekommen, welche Gaben uns Gott anvertraut hat. Wie können wir sie sonst einsetzen? Das sollten wir einmal anhand der Gabenlisten in der Bibel prüfen, was unser Charisma sein könnte. Und dann kann man es ja ´mal ausprobieren, auch mit Freunden darüber reden. – Nur nicht zu schüchtern, sonst bleiben möglicherweise die besten Begabungen ungenutzt liegen und fehlen in der Gemeinde!
Es gilt jedenfalls: Du bist ungeheuer wertvoll für Gott und die Menschen, denn du bist begnadet in einzigartiger Weise. Mit deinen Gnadengaben bist du schlichtweg nicht zu ersetzen, denn es gibt Dinge, die kann keiner so wie du!
[3] Begnadet zu sein, heißt auch zum dritten: Ich bin entlastet.
Es heißt hier im Petrusbrief:
„Dient einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat, als die guten Haushalter der mancherlei Gnade Gottes".
Dieses Wort ist eine gewaltige Entlastung!
Petrus sagt uns hier ja nicht nur, was wir tun sollen, sondern auch, was wir nicht zu tun brauchen! Er geht davon aus, daß jeder seine Gaben einbringt in die Gemeinde. Und das wird uns auch Freude machen, denn normalerweise tun wir gern, was wir gut können. Das ist das eine.
Und alles andere, wo wir keine Charismen haben, das brauchen wir auch nicht zu tun! – Das ist keine fromme Entschuldigung für Bequemlichkeit. Aber es gibt möglicherweise andere, die diese Gabe haben! Niemand muß sich abmühen, den anderen schlaue Vorträge zu halten, wenn das nicht seine Gabe ist. Keiner braucht alles zu können. Eigentlich ist das ja eine ganz primitive Erkenntnis, die ja auch hier im Posaunenchor praktiziert wird: Jeder braucht nur eine Stimme zu spielen, nur ein Instrument. Für den Rest sind die anderen zuständig.
Sie haben es auch längst mitbekommen: Selbst Pfarrer haben nicht alle Gnadengaben! Jeder hat da seine Gabe, keiner kann genau das Gleiche ebenso gut wie der andere. Und jeder Pfarrer hier in Auhausen war wohl so, wie er war, mit seinen Gaben für die Gemeinde wichtig. Etwas anderes zu erwarten, ist genauso, als sollte der Dirigent gleichzeitig alle Instrumente blasen. Da sind selbst Profis überfordert!
Petrus sagt in unserem biblischen Abschnitt: „Wenn jemand redet ..." – also nicht alle haben diese Gabe der Verkündigung – aber:
„ Wenn jemand redet, dann soll er es als Gottes Wort reden", also seine Gabe ganz ernst nehmen.
„Wenn jemand dient" – und dazu gehört ja alles, vom Blumenschmuck über den Kindergottesdienst bis zum Kirchenvorstand und zurück zum Mesnerdienst und zur Kirchenreinigung – wer so dient, der soll es tun, nicht aus eigener Anstrengung, sondern „aus der Kraft, die Gott gewährt".
Er gibt uns die Begnadung – und er sorgt dann auch dafür, daß wir es durchhalten können.
Wir sind als Christen reich beschenkt, wir sind dadurch unendlich wertvoll, wir sind auch entlastet von dem, was wir nicht können, und wir werden – das ist das Vierte und letzte heute - ... wir werden
[4] benötigt.
Wo in unserem biblischen Abschnitt von der „verschiedenartigen" oder „mancherlei" Gnade geredet wird, da steht im Urtext eigentlich die „bunte" Gnade! Gottes Gnade ist bunt! Das ist nicht so ein grüngrauer Einheitsbrei, wo alle gleich sind und deshalb keiner auffällt. Nein, Gott möchte es bunt. Das hat er ja schon bei der Schöpfung gezeigt, als er keine Schwarz-Weiß-Welt machte, sondern dieses knallbunte Universum. Und das zeigt er auch dadurch, daß er seine Gnadengaben bunt durcheinander verteilt, jedem etwas anderes, keinem so wie dem andern.
Vor etwa sechseinhalb Jahren habe ich in Neapel und Pompeji wunderbare Mosaiken gesehen – da kam es auf jedes einzelne Steinchen an. Nur weil da jedes Farbsteinchen am richtigen Fleck war, nur darum war das so schön und beeindruckend.
Und so stellt sich Gott seine Gemeinde vor, wie so ein buntes Mosaik. Da gibt es keine Einheitschristen. Nein, jeder von uns ist so ein wunderbar buntes Steinchen. Jeder mit seiner Gabe, mit seinem Charisma, jeder anders, jeder hat seinen Platz in diesem Gebilde, auf jeden kommt es an, damit eine bunte Gemeinde entsteht. Keiner darf da fehlen, sonst sieht man die Lücke sofort. Petrus sagt deshalb: „Dient einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat".
Viele hier haben schon längst angefangen, ihre Charismen einzusetzen für die Allgemeinheit, sonst wäre kein reges Gemeindeleben möglich – einige von diesen sehen wir heute hier vorne sitzen und musizieren.
Aber ich bitte jeden, das einmal zu durchdenken: Wo liegen die Gaben, die Gott mir anvertraut hat? Ist es meine Gabe, zu beten, einzuladen, Kinder zu Jesus zu bringen, einfach mit anzupacken oder was auch immer? Bin ich vielleicht musikalisch und könnte mit im Posaunenchor mitspielen, oder in der Kleinen Kantorei? Oder im Kirchenchor oder CT-Chor mitsingen? – Keiner ist ja unbegabt!
Und die andere Frage: Wie kann ich mit meiner Gabe den anderen helfen, der Gemeinde helfen? Also: Welche Farbe hat mein Mosaiksteinchen, und an welchen Fleck im Ganzen gehört es? Denn jeder ist wichtig, jeder Christ ist ein begnadeter Mensch!
Amen.