Geschichtswerkstatt zur „Union-Gründung von Auhausen“
Seminar/Exkursion
vom 19. April 2008
Auhausen – „Im Mai 1608 wurde im Klosterdorf Auhausen europäische Geschichte geschrieben“, mit diesem Satz begann am vergangenen Wochenende der Programm-Reigen anläßlich der 400. Wiederkehr der Gründung der Protestantischen Union von Auhausen. Das Evangelische Bildungszentrum Hesselberg hat in Zusammenarbeit mit dem Verein für bayerische Kirchengeschichte ein Seminar sowie eine anschließende Exkursion in das geschichtsträchtige Gemäuer der ehemaligen Klosters Auhausen organisiert.
Die angereisten Teilnehmer sind durch Frau Dr. Christine Marx (Leiterin des Referates für Öffentlichkeitsarbeit) begrüßt worden. Unter der Leitung von Dr. Thomas Greif (Historiker und Redakteur) sowie dem Vorsitzender des Vereins für bayerische Kirchengeschichte, Herrn Wolf (Universität Bayreuth), ist das Ereignis dieser Union-Gründung, bei welcher sich zu ersten Mal seit den frühen Jahren der Reformation protestantische Fürsten des Deutschen Reiches zu einem militärischem Bündnis gegen die machtvoll aufstrebende Gegenreformation zusammenschlossen, durchleuchtet worden. Greif sprach hierbei von einem „epochalem Datum“, bei welchem durch seine 400. Wiederkehr „es vielleicht sich ändert, daß Auhausen noch so unbekannt ist“.
Diese Union von Auhausen ist der entscheidende Markstein reformatorischer Geschichte zwischen Augsburger Religionsfrieden und Prager Fenstersturz, der Auhausen bis heute eine Erwähnung in der „Encyclopaedia Britannica“ beschert. Auch die „Unionstraße“ im Zentrum von Berlin verdankt ihren Namen dem Dorf der fränkisch-schwäbischen Region.
Die Teilnehmerliste im Mai 1608 liest sich wie das „who is who“ des süddeutschen Protestantismus: Als Gastgeber war der Ansbacher Markgraf Joachim Ernst zugegen, mit ihm sein Bruder Christian, Markgraf von Brandenburg-Bayreuth; Markgraf Georg Friedrich von Baden war ebenso persönlich anwesend wie der württembergische Herzog Johann Friedrich. Aus dem nahen Pfalz-Neuburg war Herzogsohn Wolfgang Wilhelm erschienen.
Zehn Stunden täglich verhandelten die Fürsten höchstselbst, um am 16. Mai vor Ort das letzte von mehreren Abkommen zu unterzeichnen – eine Leistung, die eingedenk der noch heute üblichen Langwierigkeit diplomatischer Händel nicht anders als herkulisch genannt werden kann. „Die Eintracht und Nachgiebigkeit unter den Fürsten war eine ungewöhnliche; man vermochte fast alle Fragen, über die man so viele Jahre gestritten hatte, im Lauf von fünf Tagen zu erledigen“, schrieb der Historiker Moriz Ritter 1873 in seinem bis heute gültigen Standardwerk über die „Geschichte der deutschen Union“.
Zum ersten Mal seit dem Schmalkaldener Bund hatten sich die deutschen Protestanten zu einem Bündnis zusammengefunden, das von einer großräumigen politischen Strategie getragen war. Seit dem Augsburger Religionsfrieden 1555 war das Verhältnis zwischen den Konfessionen abgekühlt: Vom „Kölner Krieg“ von 1583 bis zur Besetzung der Stadt Donauwörth durch den Bayern-Herzog Maximilian 1607 tat sich ein Konfliktherd nach dem anderen auf. Die Spannungen entluden sich – vorerst noch auf diplomatischer Ebene – auf dem Regensburger Reichstag, den die protestantischen Reichsstände am 27. April 1608 unter Protest verließen, weil sich die katholische Seite gegen eine Neubestätigung des Religionsfriedens gewehrt hatte.
Schon drei Wochen später war das Bündnis in Auhausen geschmiedet. Die Unterzeichner versprachen sich gegenseitigen militärischen Schutz im Falle von Übergriffen Dritter (wie im Falle von Donauwörth geschehen). Die katholische Seite antwortete 1609 mit der Gründung der „Katholischen Liga“. Die militärische Ausgangslage für den Dreißigjährigen Krieg war eingenommen… .
Der Stadtarchivar aus Donauwörth, Ottmar Seuffert, lieferte in seinem Vortrag die Hintergrundinformationen zu den ursächlichen Vorgeschichten der Jahre 1606 (Kreuz- und Fahnengefecht) und 1607 (Re-Katholisierung) in Donauwörth, welche eben dieses Handeln der Fürsten wohl unausweichlich herbeiführen mußten.
In einem weiteren Referat zeigte Prof. Hans-Wolfgang Bergerhausen von der Universität Würzburg (vertreten durch seine Frau, da er – obwohl anwesend – krankheitsbedingt nicht sprechen konnte) detailliert auf, wie sich diese Protestantische Union in den folgenden Jahren entwickelte. Diesem Bündnis schlossen sich später noch eine Reihe weiterer evangelischer Reichsstände, darunter Graf Ludwig von Oettingen sowie Reichsstädte wie Nürnberg, Ulm und Straßburg an.
Kaum hatte jedoch der Dreißigjährige Krieg 1618 begonnen, so sollten die Interessen der protestantischen Reichsstände als zu vielfältig erwiesen. Nach der Schlacht am weißen Berg 1621 löste sich diese Union wieder auf.
Im zweiten Teil der Veranstaltung konnte während einer Exkursion nach Auhausen durch Pfarrer Wolfgang Layh den Teilnehmern vor Ort die verbliebene Klosteranlage, insbesondere die ehemalige Klosterkirche detailliert beschrieben werden. Hierbei kam wohl eine für viele unbekannte Information zu Tage, daß im Kloster Auhausen zu Blütezeiten zwei Pfarreien und vier Kirchen bzw. Kapellen (St. Maria, St. Georg, Spitalkirche und Ritterkapelle) existierten.
Robert Kaußler