Brauchtum in Auhausen und Lehmingen - von Kreisheimatpfleger Herbert Dettweiler und Robert Kaußler -
Lichtmess– oder auch Liachtmess
Lichtmess (2. Februar) war bis weit in das 20. Jahrhundert hinein Beginn des so genannten „Bauernjahres“, an dem die Arbeit „draußen“ wieder aufgenommen wurde – und die Weihnachtszeit offiziell zu Ende war. An diesem Tag endete auch das Dienstbotenjahr. Die Knechte und Mägde („das Gesinde“) wurden entlohnt und konnten sich eine neue Dienststelle suchen oder ihren Arbeitsvertrag beim bisherigen Dienstherrn – üblicherweise per Handschlag – um ein weiteres Jahr verlängern.
Schlenkeltag
Am Tag danach („Schlenkeltag“) begann der kurze Zeitraum bis Sankt Agathe (5. Februar), an dem der Umzug zum neuen Arbeitgeber zu vollziehen war und für die Dienstboten eine Art von „Jahresurlaub“ darstellte. Die Knechte und Mägde bekamen ihren ausbedingten Lohn (Geld oder Aussteuerware) und besuchten in dieser Zeit auch ihre Angehörigen. Wichtig war allen ein gutes Festessen.
Für das „Schlenkern“ galt im Ries eine ganz bestimmte Ordnung, die etwas über den Charakter des Dienstboten verriet:
Am Sonnde kommat dia Heilinge.
Am Me(n)de kommat dia Blede.
Am Afterme(n)de kommat dia Gschaffte.
Am Migde kommat dia Gschickte.
Am Donnerschde kommat dia Domme.
Am Freide kommat dia Gscheite.
Am Samsde kommat dia Dreckne
(weil da Putztag war).
Selbstverständlich suchte sich jedes eine gute Eigenschaft heraus. „Blöd“ wollte niemand sein und auf die „Heiligkeit“ verzichtete man der freien Tage wegen, die man verlieren würde, auch gern. Für „dumm“ und „Dreck liebend“ wollte man auch nicht gehalten werden und schon zum Einstand als „siebengescheit“ zu gelten, war auch nicht jedermanns Sache. Doch eine „Schaffensfreude“ oder „Geschicktheit“ wollte man schon heraus streichen. So trat man meist am Dienstag oder Mittwoch die neue Stelle an.
Mit der Geißel (Peitsche) in der Hand und dem Lohn in klingender Münze in der Hosentasche (bisweilen sogar Goldmark!) begaben sich die Knechte auf die Wanderschaft. Die Mägde hatten ein geschnürtes Bündel über der Schulter mit dem Wenigen, das ihnen gehörte.
Lichtmess hatte aber auch noch eine weitere Bedeutung. Der Bauer beobachtete seit dem Mittelalter das Wetter an diesem besonderen Tag. Es existieren selbst im 21. Jahrhundert noch immer diverse Bauernregeln:
Ist's an Lichtmess hell und rein,
wird ein langer Winter sein.
Wenn es aber stürmt und schneit,
ist der Frühling nicht mehr weit.
Sonnt sich der Dachs in der Lichtmesswoch',
geht es auf vier Wochen wieder ins Loch!
Liachtmess, d' Supp bei Tag ess!
Bedeutung auch im Handwerk Aber auch Arbeitsablauf des überlieferten Handwerks hatte der Lichtmeß-Tag seine Bedeutung: so hörte man traditionell die Arbeit bei Kunstlicht auf, die Montag nach Michaeli, dem Gedenktag des Erzengels Michael (29. September) begonnen hatte. Zur Feier des Tages gaben die Meister den Gesellen und Lehrlingen oft den Nachmittag frei, der so die Bezeichnung „Lichtblaumontag“ erhielt.
Die Knechte und Mägde bei der herbstlichen Erntearbeit, kurz bevor das alte Arbeitsjahr in seine ruhende Phase der Winterzeit eintritt...
Zum Ursprung von „Lichtmess“
Der Lichtmesstag am 2. Februar hat ein biblisches Ereignis als Festanlass: Weil das mosaische Gesetz vorschrieb, ein neugeborenes Kind innerhalb einer bestimmten Frist in den Tempel zu bringen, folgten – der Tradition nach – auch Maria und Josef dieser Vorschrift. Hierbei wurde der kleine Jesus von dem greisen Simeon und der Prophetin Hanna als der eigentliche Herr des Tempels erkannt und benannt. Dieses biblische Ereignis wurde zu einem christlichen Festanlass. In der Ostkirche wurde der Tag zu einem „Fest der Begegnung des Herrn”: Der Messias kommt in seinen Tempel und begegnet symbolisch dem Gottesvolk des Alten Bundes. Im Westen wurde es mehr ein Fest Mariens: „Reinigung Marias” nach den mosaischen Vorschriften.
Seit Anfang des 5. Jahrhunderts wurde in Jerusalem dieses Fest am 40. Tag nach der Geburt Jesu gefeiert. In Rom führte man dieses Fest im Jahr 650 ein. Kerzenweihe und Lichterprozession kamen erst später hinzu, wodurch sich der Name „Mariä Lichtmess” einbürgerte. Das hatte seinen Grund darin, dass an diesem Tag die für das nächste Jahr benötigten Kerzen für Kirchen und Familien geweiht wurden, wie Wetterkerzen, Totenkerzen, Kommunionkerzen, Kerzen für den Blasiustag, die Advents- und Weihnachtstage, … Es gab sogar Wachsmärkte, eben Licht(er)messen! Seit der Liturgiereform wird dieser Tag wieder als Herrenfest gefeiert und führt den Namen „Darstellung des Herrn”.
Zu Mariä Lichtmess kommt noch einmal die weihnachtliche Lichtsymbolik zur Geltung: In der Kirche fanden eine Lichterprozession und eine Kerzenweihe statt. Das Licht, eben Christus, holte man so ins Haus und hatte ihn beim gemeinsamen Gebet, bei dem die Kerzen brannten, unter sich. Das galt besonders für das häusliche Rosenkranzgebet, bei Unwettern, bei schwerer Krankheit, Sterben und Tod.
Am Rande sei erwähnt, dass bei der der Berechnung des Lichtmess-Tages im Mittelalter von unterschiedlichen Ausgangspunkten ausgegangen worden ist:
In der Westkirche, wo Weihnachten seit dem 4. Jahrhundert am 25. Dezember gefeiert wurde, ergaben die 40 Tage, nach denen Jesus im Tempel dargestellt worden sein soll, den 2. Februar. War aber der 6. Januar Ausgangspunkt, wie ihn die Ostkirche beibehielt, kam man auf den 14. Februar. Es darf zu Recht vermutet werden, dass nach der Verlegung des Weihnachtsfestes vom 6. Januar vor auf den 25. Dezember und der damit verbundenen Abwanderung von Lichtmess auf den 2. Februar, der alte Festtermin, der 14. Februar, neu gefüllt wurde und so der Valentinstag zustande kam.