Es sind nicht immer die großen Dinge, die von der Vergangenheit erzählen. Auch ein kleiner Gegenstand – oft sogar nur ein Teil desselben – kann uns ein Stück Geschichte oder Kulturgeschichte enthüllen.
So befindet sich unter den Geräten unserer Kirche, den Kelchen, Leuchtern und Krügen aus Silber oder Zinn eine Kissenplatte in der Größe 35 x 40 cm, bestickt mit bunten Seiden- und silbernen und goldenen Metallfäden. Diese feine Nadelarbeit zeigt zu unserem Erstaunen zweimal ein springendes Einhorn, umrahmt von Mistelzweigen. Worauf aber weist dieses Motiv hin, wem könnte dieses Kissen gehört haben und wie kam es ausgerechnet nach Auhausen?
Die eingestickte Jahreszahl "1705" gibt zunächst einen Hinweis auf ein Stück Weltgeschichte. Im Jahre 1705 heiratete nämlich Prinzessin Caroline von Ansbach Georg II von Hannover, der 1727 König von England wurde und dessen Mutter aus dem schottischen Königshaus der Stuarts stammte (Enkelin von Jakob II). Dafür, daß unsere Kissenplatte tatsächlich mit dieser Verbindung zu tun hat, sprechen die Symbole. Die Mistel ist ein für England bedeutsames Zeichen, das springende Einhorn gilt als Symbol für Schottland.
Aber wie kam nun das Sitzkissen mit diesen Emblemen nach Auhausen? Aus der Geschichte der Textilkunst wissen wir, daß Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts Sitzkissen "hochmodern" waren. Sie waren auf der Unterseite mit Leder bezogen, was man auf unserem Teilstück auch noch erkennen kann und zeigten auf der Oberseite in feiner, komplizierter Nadelmalerei oft Wappenbilder ihrer Besitzer. Auch für den kirchlichen Gebrauch verfertigte man solche Kissen.
So ist es vorstellbar, daß der markgräfliche Hof, bevor Prinzessin Caroline nach Hannover und dann nach England ging, mit ihr zusammen noch einmal an einem, Konzert in der Auhauser Klosterkirche teilgenommen hat. Bei solchen. Gelegenheiten brachte der Hof - wie wir wissen - nicht nur seine Musiker mit, sondern auch alles, was zur Ausstattung und Bequemlichkeit der illustren Hofgesellschaft benötigt wurde, also auch beispielsweise Sitzkissen. Ein solches blieb damals liegen und wird nun im Pfarrhaus aufbewahrt. Noch vor kurzem meinte man, es bei dieser Kostbarkeit mit einem Kelchtuch zu tun zu haben. Heute aber wissen wir es besser, es diente einem so ganz profanen Zweck... .
An kostbarem Eigentum ist aus der Klosterzeit nur sehr wenig übrig geblieben:
Mit Markgraf Kasimir starb am 21. September 1527 derjenige, der sich "zuletzt wieder mit den Klöstern etwas freundlicher stellte". Sein Nachfolger, Markgraf Georg, trat aufs Schroffeste gegen die Klöster auf. Bald ordnete er eine Inventarisierung aller in den Klöstern vorhandenen Silber- und Goldgeräte, Kleinodien, Ornate usw. an, der schon am 28. Dezember 1529, die Beschlagnahmung folgte. In Kirchen sollte nur ein Kelch, den Klöstern höchstens zwei belassen werden. Die "Brandschatzung", welche in die Münzstätten zu Schwabach, Kulmbach und Ansbach wanderte, soll an 25.000 Gulden betragen haben... .
Folglich ist nur noch folgendes Inventar vorhanden:
- Kelch, Silber vergoldet; glatter Fuß mit durchbrochener Kehle, am Fuß Medaillon mit eingraviertem Kruzifix und Ranken. Scheibenmodus mit aufgelegter Schnur. Im Schaft in gotischer Majuskel: MARIA. Glatte Kuppa; um 1480
- Zinngarnitur, bestehend aus zweizonigem glatten Deckelkrug und zwei Leuchtern auf Dreiecksfüßen. Bezeichnet: HANS FETZER (Stifter) und ANNO 1652, birnförmiger gerippter Deckelkrug um 1710, hoher dreizoniger Deckelkrug, glatt, Mitte 18. Jahrhundert und offene senkrecht gerippte Helmkanne mit Fuß. Anfang 18. Jahrhundert
- Einbanddeckel mit Akanthusbeschlägen auf schwarzem Samtbezug; um 1720
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