550 Jahre Mühle an der Wörnitz
Gedenkstein anlässlich eines Familientags
Auhausen – Ein wohl nicht alltägliches Jubiläum, das kaum jemandem auffallen oder gar bewusst sein dürfte, soll zum Anlass genommen werden, in einem weiteren heimatkundlichen Bericht vom Leben und Arbeiten unserer Vorfahren in der fränkisch-schwäbischen Region zu berichten: Der erste urkundliche Beleg zur Wörnitzmühle von Auhausen vor 550 Jahren.
Seit Urzeiten ist Getreide bzw. Mehl Grundnahrungsmittel für die Menschheit und das „tägliche Brot“ spielte in allen Kulturkreisen seit jeher eine große Rolle. Hierbei sei auch am Rande erwähnt, dass nach biblischer Überlieferung Mahlsteine nicht gepfändet werden durften, was eindeutig ihre (über-)lebenswichtige Funktion zu allen Zeiten untermauert.
Dem interessierten, einheimischen Betrachter ist schon lange bekannt, dass auf dem Hof der Mühle von Auhausen ein Denkmal an eine über Jahrhunderte lebensnotwendige, segensreiche Einrichtung, aber auch an das Ende dieser alten Tradition erinnert: ein alter Mühlstein.
Die Inschrift dieses Mahlsteins alt vertrauten Formates kündet von seiner einstigen Bestimmung und Geschichte: „In guter Zeit und Not mahlt dieser Stein uns Brot.“
Er mahlte für die Bauern, die aus einem weiten Umkreis in die Mühle an der Grenze von Mittelfranken und Schwaben kamen, ihr Getreide zu Mehl, bis anstelle der Steine im Zeitalter der Technik Walzen aus Stahl traten und die treuen Steine von einst fast in Vergessenheit geraten ließen.
Der Müllermeister Karl Beck und seine Frau Minette (geb. Meyer), Eltern des letzten Müllers von Auhausen, Helmut Beck , kamen bereits vor über 40 Jahren auf den Gedanken, der Steinmüllerei ein Denkmal zu setzen, das allen Mühlenkunden und den zahlreichen Passanten von dieser immer mehr zurückgedrängten Handwerkskunst verkünden sollte. Dieser Stein war wirklich der letzte seiner Art, der bei der Gewinnung des Mehles aus dem selbst erzeugten Getreide einer flächendeckend vorhandenen Landwirtschaft bei Tag und Nacht unermüdlich seine Dienste leistete. Die unter dem Gedenk-Stein angebrachten Jahreszahlen „1461 – 1968“ bedeuten den Zeitraum, innerhalb dessen die Steinmüllerei von Auhausen urkundlich belegbar ihre segensreiche Arbeit für die bäuerliche Bevölkerung verrichtete.
Das schlichte, sinnige Denkmal wurde anlässlich eines ersten Familientages der Familie Meyer im Jahr 1968 errichtet. Auch die Müllerfamilie Meyer aus Oppertshofen mit dem ehemaligen Bundestagsabgeordneten Philip Meyer stammt aus Auhausen! Entworfen hat dieses Denkmal, welches ursprünglich vor dem Dorfeingang von Auhausen stand, Architekt Helmut Weiler aus Auhausen und wurde von Steinmetzmeister Karl Killer aus dem fränkischen Unterwurmbach ausgeführt.
Blick über den sog. „Mühltümp(f)el“ auf die ehemalige Sägemühle (links) und Mühle (rechts) von Auhausen; über das noch heute existierende „Wehr“ läuft gemächlich die Wörnitz nach Schwaben hinein. Die alte Brücke ist schon längst durch ein neues Bauwerk ersetzt worden
Dr. Otto Meyer, ebenfalls ein Müllersohn (1893-1970), später Fabrikant und Heimatdichter, setzte auf seine Weise in seinem Buch „Als das Dorf noch meine Welt war“ diesem Mühlstein ein Denkmal, wenn er 1963 schreibt: „Der Stein, das war das Geheimnis und die Seele der alten Müllerei, die freilich seit einem Menschenalter hinab gestiegen ist in die Vergangenheit; die Steine verlangten des Müllers ständige Wachsamkeit, indessen die Räder draußen in der Watrinne willig ihre Schaufeln dem magischen Zugriff der Wassergeister überließen und sich wie träumend drehten, während das Getreide in feinem Strahl aus der Schüttkaue in die Öffnung des Steines rieselte und das Schüttelwerk, das den Strahl in Fluss hielt, sein gleichförmiges, einschläferndes klapp, klapp, klapp ertönen ließ. … Wenn dieses Geräusch fehlt, wenn mitten in der Nacht plötzlich völlige Ruhe im Haus eintritt, dann regt sich das Müllerskind im Schlafe, wird vielleicht halb wach oder fragt im Traume nach dem seltsamen Ruhestörer. Ist das Kind schon etwas größer, merkt es, wie der Vater aufsteht, rasch in die Hose fährt und hinaus eilt in die Mühle, um nach dem Rechten zu sehen.“
Blick auf das Mühlenanwesen von Auhausen mit der Familie Meyer und Personal im Jahr 1908
Die zinnerne Taufsteinplatte (Taufbecken) in der Klosterkirche von Auhausen, gestiftet von Müller Schaller und seiner Frau Barbara, anno 1697
Der Taufstein ist 1696 von „Georg Tremel“ gestiftet; Basis, Sockel, Schale und hölzerne Deckelpyramide sind achtseitig gebrochen. Der Deckel mit Intarsien stammt dem Jahre 1697
Ein seltenes Bild vergangener Tage: der blinde Heimatdichter und Fabrikant Dr. Otto Meyer in seiner Holzwarenfabrik
Das erlebte der kleine Otto wohl so um 1900, doch das Mühlenwesen in Auhausen ist noch viel älter! Alte Urkunden und Einträge in die Kirchenbücher künden davon!
Urkunden 1459 VI 16: Der Abt von Auhausen appelliert an das Landgericht Nürnberg, da der Richter von Cronheim in des Abts Klagsache gegen Endres Seitz, Müller zu Hechlingen, der vom Kloster zu Auhausen die Mühle daselbst zu Erbrecht gekauft hatte, die Zeugen bei der Verhandlung nicht gehört hatte.
Am Donnerstag vor dem Hl. Pfingstfest des Jahres 1461 (21. Mai) vererbt das Kloster Auhausen an Ulrich Streitberger sechs Be(e)te (Kloster-)Frongärten, die künftig zur Mühle an der Wörnitz gehören sollen, um 10 Gulden.
-1461: Ulrich Streitberger und Ehefrau Magdalena genannt
-1483 VIII 23: Der Müller von Auhausen lässt sich vom Kloster Auhausen sein Erbrecht auf die Mühle
um seine Schulden von 280 Gulden abkaufen
-1549: Linhart Wüst
-1565: Ulrich Lutz
-1570: Ulrich Aumüller heiratet Katharina Schaller aus Wassertrüdingen
Hans Schaller (geb. 1618) heiratet Appolonia Lobherr, Fischertochter aus Auhausen. Im großen Krieg musste sie vor der kaiserlichen Soldateska fliehen und wurde am 26. März 1647 im benachbarten Oettingen von ihrem Sohn namens Bartholomäus entbunden. Bartholomäus Schaller heiratete Barbara Meyer aus Auhausen. Der Name Meyer taucht erstmals in der Mühlenchronik zu Auhausen auf. „Johan Barthel Schaller, Müller alhier und Barbara seine Hausfrau anno 1697“ haben den im Jahr 1696 von Georg Tremel gestifteten Taufstein der Klosterkirche von Auhausen mit der heute noch vorhandenen zinnernen Platte samt Becken versehen lassen.
Endgültig „Einzug gehalten“ hat der Name Meyer in der Auhauser Mühle durch die Einheirat von Johann Thomas Meyer aus Geilsheim im Jahr 1798. Aus wirtschaftlichen Gründen musste der Ururururenkel Helmut Beck , der letzte Müllermeister in Auhausen, im Jahr 1990 seinen Mühlenbetrieb aufgeben.
Das Mühlstein-Denkmal im Hof der Mühle von Auhausen an der Wörnitz
Der verfallene Sockel des ursprünglichen Mühlstein-Denkmals am Ortseingang vor Auhausen mit der Inschrift:
„Zur Erinnerung an den letzten Mahlgang Kunstmühle Auhausen 1461 – 1968 Meyer – Beck“
Klostermühle Freilich gab es auch in Auhausen mit seinem über Jahrhunderte hinweg prosperierenden Kloster schon lange vorher eine Mühle. So kann der Dorfchronik entnommen werden: „…unter dem Wahlspruch der Benediktiner 'ora et labora – bete und arbeite' ein Kloster gegründet, im Laufe der Zeit eine zweitürmige Kirche zu Ehren der Mutter Gottes erbaut, dazu das Konventgebäude, das Refektorium, die neue Abtei oder Prälatur, der Kreuzgang, die Ritterkapelle, eine Mühle, ein Spital und der Küchenbau am Rande der Klosteranlage.“
Wovon lebten die Mönche damals? In erster Linie betrieben sie Ackerbau und Viehzucht, weiterhin eine Mühle, für die sie das Wasser vom „Braunen Berg“ (zwischen Auhausen und Westheim) herleiteten. Bei Wassermangel konnte die Klostermühle auch mit Pferdekraft angetrieben werden, wie ein Kirchenbucheintrag vermittelt – und somit dieser Mühle den Beinamen „Roßmühle“ gab.
Mit der endgültigen Klosterauflösung im 17. Jahrhundert durch den Markgrafen von Ansbach waren „die Bewohner von Auhausen einigermaßen für die Aufhebung des Klosters zu entschädigen, das ihnen sicheren Verdienst einbrachte“, wie die Ortschronik von Auhausen zu berichten weiß und nach dem Kirchenbuch-Register „Allerlei Fälle“ macht eine Notiz deutlich: „Weil bei dem Kloster allhie ein ziemlich Anzahl Feldgüter vorhanden, welche alle der Meng halber zu bauen nicht recht mit Nutz können in acht genommen werden, sind aus demselben anno 1623 12 Lehen mit je 7 Morgen Acker und 3 Tagwerk Wiesen gemacht und verkauft worden. Auch die Prälatur, die Klostermühle, Klosterherberge, die Roßmühle, das Torwarthaus, das Spital und Jägerhaus wurden Privatbesitz.“
Unser täglich Brot Mit den heute technisierten Anbaumethoden und hoch gezüchteten, ertragreichen Getreidesorten gelangte der moderne Ackerbau an seinen Höhepunkt und führte während seiner Entwicklung zu großen Veränderungen sowohl im wirtschaftlichen wie auch im gesellschaftlichen Umfeld der traditionellen Landwirtschaft.
Eine Folge davon ist, dass unser Verhältnis zum Brot heute ein anderes ist als in früheren Zeiten. In unserer Sprache hat sich indes erhalten, was die einst tiefe Beziehung zum Brot und Brotbacken widerspiegelt. Wir reden vom Brötchengeber, „den Brotkorb höher hängen“, haben es mit „Backfischen“ zu tun, „frisch gebacken“ ist der Lehrling, der seine „Feuerprobe“ bestanden und sich vielleicht auch mal „die Finger verbrannt“ hat. In Ritualen, Brauchtum und Symbolik finden wir seit dem Beginn des Ackerbaus quer durch die Geschichte Zeugnisse vom lebendigen Umgang mit Brot – nicht zuletzt in den christlichen Religionen und ihren Lehrbüchern. In der Bibel heißt es beispielsweise: „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing!“ oder „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein.“ Und hoffentlich heißt es nie mehr: „Mancher kommt erst zu Brot, wenn er es nicht mehr beißen kann.“
Die letzten noch erhaltenen Bräuche rund ums Brot haben sicher eine Renaissance verdient. Machen wir uns also auf die Suche: Das Potential reicht vom Neujahrskringel über Fastengebäck, Horaffen, Sonnwendrad und Allerseelenzopf bis zum Leichenweck, Taufbrot und Glutzelten. Es gibt viel zu entdecken!
Eine Spur in eine vergangene Zeit: Der gotische Giebel von der alten Klostermühle Auhausen .
Die rekonstruierte Lage-Übersicht
des ehemaligen Klosters Auhausen (mit Roßmühle) .
Schule Auhausen (links) und Roßmühle (rechts)
2011 - Robert Kaußler - mit Unterstützung von Herbert Dettweiler